
Stiftung Valium
Die deutsche Warentest-Instanz meldet sich zu Wort und alle nicken es wie erwartet ab. Was auf der einen Seite natuerlich erstmal sehr erfreulich ist, sprich Netbooks bekommen eine ordentlich positive Publicity, ist auf der anderen ein offenbarendes Beispiel der deutschen Test-Methoden, Aktualitaet und vor allen Dingen der Art und Weise, wie hier Content erstellt und verbreitet wird.
Aber bevor ich wieder zum verbalen Rundumschlag aushole, der zu ellenlange Diskussionen mit diversen „Qualitaetsjournalisten“ fuehrt, lasst uns doch erstmal die positiven Aspekte des Test der Stiftung zusammenfassen und davon gibt es genau 4! Die ersten 3 Netbooks (Testsieger Toshiba NB200, Acer Aspire One D250 und Samsung N130) erhielten alle die Note „Gut“ und der auf Platz 4 gefuehrte Eee PC 1005HA-M immerhin die Note „Befriedigend“. Abgeschlagen auf dem letzten Platz befindet sich uebrigens das Sony Vaio W, was aufgrund des kuemmerlichen Akkus nicht verwundert. Zeit sich einmal die Testmethoden der Stiftung Warentest genauer anzuschauen:
(klick=gross!)
Anfangs moechte ich noch ganz kurz darauf hinweisen, dass ich die Stiftung Warentest als absolut neutrale und wichtige Testinstanz ansehe, meine Kritik bezieht sich zum einen auf die Testmethoden und deren Aktualitaet (selbstverstaendlich rede ich speziell von diesem Netbook Test), denn da wird ganz gehoerig gepennt.
Ein „gutes“ Notebook koennen sie aber nicht ersetzen. Fuer Bild- oder gar Videobearbeitung und Spiele sind die Kleinen einfach nicht geeignet. Ausserdem haben sie kein Laufwerk fuer CDs und DVDs, weniger Anschluesse und sind kaum mit Software ausgestattet. Um zu e-mailen, zu surfen, Fotos anzusehen und Texte zu tippen genuegen sie aber allemal…
Haette die Stiftung Warentest diese Erkenntnis nicht bereits aus ihrem ersten Netbook-Test im Jahre 2008 ziehen koennen? Warum werden immer noch Testmethoden angewendet, die 1:1 von den groesseren Notebooks uebernommen wurden? Wieso sind Multimedia-Anwendungen und 3D-Spiele ein Testkriterium fuer Netbooks, wenn man doch ohnehin seit 1.5 Jahren weiss, dass sich CPU und Chipsatz nicht ansatzweise veraendert haben? Wer von euch hier schneidet 1080p Videos auf seinem Eee PC oder installiert sich Crysis auf seinem Aspire One?
Die Stiftung hatte etwas mehr als 11 Monate Zeit um ihre Testmethoden anzupassen, stattdessen ringt sie sich zu einer „befriedigenden“ Leistung fuer eine Plattform durch, welche 2/3 der eigenen Testanforderungen nicht oder nur mangelhaft erfuellt. Das ist schlicht und einfach paradox! Wenn meine Halbjahres-Note in Latein aehnlich ermittelt worden waere, haette ich mit ner 5 und einer 6 dann noch ne 3 bekommen. Wenn man dann noch beachtet, dass die Rechenleistung einen 25%igen Anteil an der Gesamtnote hat, dann wird es geradezu absurd (fernab der Tatsache, dass jeweils die gleiche Intel Atom Plattform getestet wurde).
Die Handhabung Tests entziehen sich ebenfalls komplett jeder Verifizierung fuer Aussenstehende oder gibt es irgendwo irgendwelche Details zu den Kriterien fuer Dokumentation, Inbetriebnahme, Wiederherstellung, Taeglicher Gebrauch, Handlichkeit und Transport zufinden? Nein, die sind weder im Testbericht, noch online zu finden. Fuer eine Kategorie, die weitere 20% an der Gesamtnote ausmacht ist dies leider sehr unbefriedigend.
Halten wir mal fest, die Haelfte der Gesamtnote setzt sich aus Testkriterien zusammen, die entweder absolut ueberholt sind oder nicht der Geraeteklasse entsprechen bzw. noch nicht einmal erklaert werden. Wen moechte die Stiftung Warentest denn bitte damit ueber diese Produktklasse aufklaeren?
Stichwort Akku und Display. Die Bewertungen stimmen absolut mit meinen Erfahrungen ueberein aber auch hier fehlen mir die Test-Methoden. Mensch listet doch einfach alles auf. Welche Software nutzt ihr und warum, weshalb und wie? Das kann doch nicht so schwer sein.
Gott sei Dank wurde der ominoesen „Vielseitigkeits“ Kategorie nur eine 5% Gewichtung zugedacht. Da haben wir Hardware und Software zur Auswahl. Hmmm…. ok?! Ich denke ihr wisst Bescheid oder auch nicht…
Moechte man denn ein Netbook auch zum Kartoffel schaelen nutzen oder als Fallschirm? Mensch, das sind Netbooks zum surfen im Internet und keine Schweiyer Taschenmesser! Welche Software moechte denn die Stiftung Warentest darauf sehen? Aehnlich viel Quatsch wie auf meinem Acer Aspire 3810TG, der mit Spielen, Messengern und sonstiger „Muellware“ zugehauen wurde und die mich erstmal fuer einige Stunden beschaeftigte, damit der Rechner ein wenig entmuellt wurde?
Kommen wir zu den Umwelteigenschaften, die da Geraeusch, Stromverbrauch Standby und Aus, sowie Gesamtstromverbrauch waeren. Unterschreibe ich umgehend, einzig fehlen mir die Details. Das kann doch nicht so schwer sein.
Bitte nicht falsch verstehen, der Test entspricht in etwa meinen Einschaetzungen und Erfahrungen (auch wenn ich den 1005HA-M auf Platz 2 gesetzt haette, dann den Samsung N130 und schliesslich den D250), ich haette mir jedoch andere, fuer die Produktklasse angepasste Testmethoden gewuenscht und vor allen Dingen, dass die verwendeten detailliert erklaert wuerden.
Richtig ins Schwitzen komme ich aber, wenn ich in der Presse diesen auch von mir verwendeten Titel lese: „Erstmals gute Netbooks“! WTF?! Was sind denn bitteschoen Medion Akoya Mini 1210 und Samsung NC10? Die sind beide seit ueber einem Jahr verfuegbar und wurden von der Stiftung einfach voellig verpennt. Wo bitteschoen taucht ein Lenovo Ideapad S10-2 auf und warum haut man ein Fujitsu in den Test, welches in Deutschland wohl kaum 5stellige Verkaufszahlen erreichen wird?
Die getesteten Netbooks entsprechen nicht ansatzweise den Marktverhaeltnissen und sind somit nicht repraesentativ.
Die Stiftung Warentest vermittelt durch den Titel den Eindruck, dass alle vorherigen Netbooks einfach nicht gut genug waren und wie wir alle wissen, ist dies ein absoluter Bloedsinn!
Umso erfreulicher ist, dass die DPA-Content Mafia wieder mal die Artikel-Pakete fuer ihre angeschlossenen „unabhaengigen“ Medienpartner fuellen konnte und so schiesst dieser Titel gerade durch die deutsche Presselandschaft. Copy and Paste, die Art von Content-Erstellung, die man den Bloggern doch so gerne unter die Nase reibt, weil wir ja nur Verwerter und Aggregatoren sind. Entweder haben die grossen Redaktionen dafuer keine Zeit oder aber sie zeigen auf offenbarende Art und Weise auf, wie das von Murdoch, Burda, Hombach und Co. favorisierte Bezahl-Modell zum Scheitern verurteilt ist.
Der Stiftung Warentest Artikel hat mich naemlich 2,5 Euro gekostet, was aufgrund des Inhalts nicht nur eine Frechheit, sondern geradezu Wucher ist. Soviel Geld, fuer sowenig Content scheinen die Redaktionen wohl nicht bezahlen zu wollen. Ich kann es verstehen, denn ich habe es getan. Geht sterben!
Aua!